CCC-Clubtreffen

Studienreise

Luzern, 2. - 4. Nov. 2001



CCC zu Gast in der Richemont-Fachschule Luzern

von Petra Schwabe

                  

Diese Reise war für alle CCCler sicherlich eine außergewöhnliche Erfahrung. Wir haben viel Interessantes gesehen und ganz neue Eindrücke über die Schweizer Konditoreien erhalten.

Nach unserer Ankunft, gegen 14.00 Uhr in der Richemont Fachschule begrüßte uns Herr Urs Wellauer, Zentralpräsident des SKCV.
Der SKCV und SBKV ist eine Vereinigung der Bäckereien und Confiserien in der Schweiz. Das Hauptmerkmal liegt darin, dass erkannt worden ist, dass sich ein Verband nur für die Confiserien nicht mehr selbst tragen kann. Somit ist eine Gemeinschaft gebildet worden, aber trotzdem bleiben die Berufe Bäcker und Confiseur unabhängig und jeweils separat in der Nutzung, Wirtschaftlichkeit und in der Ausbildung.

Die Woche der Herzlichkeit

Eine Idee von Herrn Wellauer, und in Zusammenarbeit mit den Bäckereien und Confiserien ins Leben gerufen.
Es werden zwei Hauptziele verfolgt:
Sie will erstens das Gewerbe dazu anregen, dem Kunden besonders Sorgfalt, Herzlichkeit und Spontaneität beizumessen , und zweitens die Aufmerksamkeit des Konsumenten auf das Fachgeschäft lenken, indem sie diesem eine Verkaufsförderungsplattform bietet.

Lehrlingswettbewerb

Im Anschluss daran besichtigten wir den nationalen Lehrlingswettbewerb in der Fachschule. Wir waren überrascht über das Niveau und die Vielfalt der ausgestellten Arbeiten, die etwas weniger umfangreich waren als die einer Gesellenprüfung und in 6 Stunden hergestellt werden mussten.

Besichtigung der Conditorei Heini

Gegen 15.30 Uhr, empfingen uns die Brüder Bruno und Hans Heini in ihrer Confiserie. Der Betrieb wird von den beiden Brüdern in zweiter Generation, seit 1986, mit viel Elan weitergeführt. Mit täglich über 25 verschieden Torten stehen auch 25 überzeugende Argumente unter dem Motto, jedem Gast etwas besonderes zu bieten.
Sicherlich eine ganz besondere Spezialität sind die bekannten "Lozaerner Raegetroepfli", feinste Milchkuvertüre, gefüllt mit edlem Kirschwasser.
Mit vielen langjährigen Mitarbeitern werden täglich 3 Filialen und ein Teil der Luzerner Gastronomie beliefert.
In der Bäckerei ist die Ware bereits fertig gebacken, und wird am Morgen nur kurz regeneriert, das gewährleistet natürlich Flexibilität zu jeder Tageszeit.

Nach der Besichtigung in der Produktion waren wir zu Café und Kuchen eingeladen. Wir naschten uns durch 25 verschiedene Torten , von Cappuccino-, Birnen- Schokoladen-Torte bis hin zu Ruebli- oder Vermicelletorte, von denen jede Sorte auf einem drehbaren Tortenständer präsentiert wurde.

Eine weitere Filiale der Confiserie Heini ist als Selbstbedienungs-Café gestaltet. Auf dem Weg dorthin führte uns Herr Heini noch am geschichtsträchtigen Löwendenkmal vorbei. Das SB-Café ist ein modern eingerichtetes Café mit gemütlicher Sesselecke, aber auch mit einer Verkaufstheke. Laut Herrn Heini waren aber die Kostenersparnisse beim Personal nicht so groß wie erhofft.

Ausklang im Zunfthaus

Nach einem Tag voller Naschen und Schlemmen stürzten wir uns auf das Herzhafte des Abends und genossen bei Wein und Bier Schweizer Spezialitäten, wie Käsefondue oder Kartoffelrösti, im Zunfthaus an der Kapellbrücke.
Mit einem Lichtermeer quer über dem See endete dieser Tag.


Bäcker Z' Morge

Am Samstag um 7.30 Uhr hieß es dann ,, Z’ Morge” – Frühstück in der Richemont Fachschule.
Nach dem leckeren Frühstück mit über 25 verschiedenen Brotsorten, Croissants, Brötchen und vielem mehr, die in der Fachschule produziert werden, und auch für die Öffentlichkeit zugänglich sind, erwarteten uns bereits die Bachmann-Brüder in ihrer Produktionsstätte am Centralpark.


Besichtigung der Confiserie Bachmann

Die Brüder Mathias und Ravael Bachmann führen das Unternehmen gemeinsam. Mathias Bachmann ist weitgehend für den Marketing-Bereich verantwortlich, Ravael betreut die Produktion und die Logistik.
Mit über 150 Mitarbeitern, aufgeteilt auf 6 Filialen und die Produktionsstätte, die knapp 100 qm umfasst, wird täglich frisch produziert. Jeder Mitarbeiter hat sein eigenes Aufgabengebiet.
Beeindruckt waren wir sicherlich alle von der Frosteranlage, die eine Kapazität von 100 Stikkenwagen umfasst. Das garantiert natürlich eine Flexibilität im höchsten Rahmen.
Verkauft wird - vor allem Hochzeits- und Geschenktorten - mit Hilfe von Katalogen. Der Kunde trägt seine Wünsche ein, und nach diesen Wünschen wird dann produziert. Ob eine Hochzeitstorte für DJ Bobo oder eine Congressveranstaltung von 2000 Personen - auch im Bereich des Catering stellt dies keine Probleme dar.

Im Anschluss an die Besichtigung schlenderten wir durch den Handwerksmarkt am Weinmarkt, beobachteten die Mittagsfütterung der Vögel an der Kapellbrücke und unsere Mädels Sabine und Eva hatten zu tun, Strom-Adapter fuer die Haarpracht der Damen zu besorgen.

Um 13.00 trafen wir uns gemeinsam zum Snack-Lunch in der Confiserie Bachmann, wo wir mit warmen Käsekuchen und Nuesslisalat verwöhnt wurden (Rezept vom Käsekuchen gibt's bei mir). Nach anschließendem Kaffee und ,,Schlemmen durch die Kuchentheke” war es schon wieder Zeit zur Abfahrt nach Zug zur Besichtigung der Confiserie Speck.


Besichtigung der Confiserie Speck in Zug

Walter und Peter Speck führen das Unternehmen seit 1992 in 4. Generation. Peter Speck übernimmt die Führung von Produktion und Verkauf, Walter Speck betreut den gastgewerblichen Betriebsteil.
Nach der Wiedereröffnung im Januar 2001 werden dort im Stammhaus Christopherus die Speckli Spezialitäten - von der Zuger Kirschtorte bis zu den Zuger Kirschstengli - im modernen Design in blauen Theken und Vitrinen präsentiert.

In zwei Gruppen wurden wir dann durch den Betrieb geführt. Der Kirschkeller hat es uns allen sehr angetan:
In den Tanks wird das Kirschwasser gelagert, in einem Art Wasserbad wird dann der Sirup gekocht, dem wird der 55 %ige Zuger Kirsch dazugefügt und schon ist der Grundstock der so berühmten Zuger Kirschtorte fertig. Von den Tanks wird dann das fertige Kirschwasser mit Hilfe einer Pumpe nach oben, direkt zur Produktion befördert. Dort erhalten die Torten mittels einer automatischen Tränkanlage, die entfernt an einen Miniatur-Rasensprenger erinnert, ihre typische Kirschwassertränke.
Über die Weltausstellung 1968 wurde diese Torte berühmt.

Interessant war auch die Herstellung der Zuger Kirschstengli:
In einem separaten, temperiertem Raum befand sich eine Maschine, mit Hilfe von Hohlkörpern wurde in ein Bett aus Weizenpuder die Form der Stengli gedrückt, diese wurden mit Kirschwasser befüllt und getrocknet.
Nach zwei Tagen entsteht dann die Zuckerkruste, und man kann sie mit feiner Kuvertüre überziehen.
Mhhh lecker…
Bei Café und Zuger Kirschtorte im "Monsieur Baguette" klang der Nachmittag langsam aus.


Der Abend im "BAM BOU"

Nach der Rückfahrt und einer kurzen Verschnaufpause im Hotel konnte gegen 19.30 Uhr der festliche Teil des Abends beginnen:
In dem Gault Millaut-Restaurant BAM BOU genossen wir ein vier Gänge Menü der exquisiten Klasse .Von Riesencrevetten bis Minzpolenta, Rinderfilet oder Jakobsmuscheln bis hin zu hausgemachten Sorbets und Schokoladenkuchen waren wir alle begeistert.
Wir genossen den Abend, plauderten über das Erlebte und Gesehene, und so endete auch der zweite Tag in Luzern.


 "Entwicklung einer Spezialität" - Vortrag von Herrn Heini

Am Sonntagmorgen um 8.00 Uhr hieß es dann wieder "Z’ Morge" , Frühstück in der Fachschule.
Um 9.00 Uhr besuchte uns Herr Heini in der Fachschule und erklärte uns einige Hintergründe zu der Schokoladenspezialität ,,Lozaerner Raegetroepfli”.
Die Form der Praline wurden speziell als Tropfen gewählt, die Hohlkörper dafür werden speziell nur für Heini hergestellt.
Auch wird - um die Einzigartigkeit der Praline zu betonen - nur Milchkuvertüre dafür verwendet, keine dunkle oder weiße Kuvertüren.
Bei der Verpackung wurde ganz genau darauf geachtet, wie viel Zwischenraum (für mögliche Transportschäden) jede einzelne Praline hat, da es sich um eine flüssige Praline handelt.
Da dieses Produkt von vielen Touristen gekauft wird, wurde für den Namen speziell das Schweizer Deutsch gewählt, eben ,, Lozaerner Raegetroepfli.

    

"Trends am Schweizer Markt" - Vortrag von Herrn Boesch

Nach der leckeren Verkostung der Pralinen und der Kaffeepause beehrte uns noch zuletzt Herr Walter Boesch, Direktor der Richemont Fachschule mit 102 Mitarbeitern. Nach einem Rundgang durch die neugebauten Schulräume erläuterte er uns einige Grundsätze der Fachschule. Ob Produktion- oder Verkaufskurse, Technologie- oder Managementseminare – bei Richemont zählt vor allem die Praxis. Aufgrund der Zusammenarbeit der Verbände der verwandten Berufe wird die Schule sowohl von den Bäckern als auch von den Confiseuren zur Aus- und Weiterbildung genutzt.

Anschließend erzählte uns Herr Boesch über die Entwicklung am Markt, Trends und deren Hintergründe.
,,Jede Leistung hat ihren Preis” und zu jeder Leistung gehört auch die Motivation und Emotion, denn ,, Keine positive Emotionen zu haben ist gleichbedeutend mit der Resignation, sie führt zur Stagnation und endet auf der Intensivstation”.
Eines der vielen Zitate von Herrn Boesch.

Der Stand des Fachwissens ist erschreckend tief und man muss sich die Frage stellen: ,,Warum”. Und was man dagegen tun kann. Dabei ist zu bedenken:
Man sollte Kollegen nicht kritisieren, ohne sich selbst zu hinterfragen !
Auf den Punkt gebracht: Wir sind für unseren Erfolg oder Misserfolg selbst verantwortlich, und sollten bereit sein, mit Motivation, Emotion und Qualität die Zukunft des Konditorenhandwerks zu wahren.